Eurotour 2006 Tchernobyl

Tour 2006

 
Motorradfahrer besuchen Tchernobyl…
 

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Zum 20. Jubiläum des Reaktorunglücks in Tschernobyl, besuchten einige hundert Motorradfahrer diesen Ort. An diesem unheimlichen Ort zu verweilen, der noch für mehr als 30.000 Jahre seine gefährlichen Strahlen abgeben wird, war für alle Teilnehmer sehr emotional und bedrückend. Zur Krönung des Besuches in Tschernobyl, spendeten die Eurobiker für ein Kinderheim und Krankenhäuser in der Ukraine sowie in Weissrussland, Geld und Sachspenden im Wert von fast 500.000 Euro.
 
LuxembourgUnter der Leitung von Michel Turk, Präsident der Eurobiker Luxemburg, startete am Donnerstag, dem 1. Juni auf dem Knuedler eine 20 köpfige Motorrad-Gruppe. Der Start wurde vom Luxemburgischen Aussenminister, Jean Asselborn, einem der Schirmherren der 4. Eurotour der Eurobiker, vor dem Rathaus in Luxemburg Stadt gegeben, im Beisein des Vize-Bürgermeisters, Francois Bausch. Nach dem Start folgte eine lange Verbindungs-Etappe nach Wien. Die Hauptstadt Österreichs war der Treffpunkt aller aus Europa angereisten Eurobiker-Teilnehmer. Dort, am Abend des 2. Juni erfolgte die Einschreibung, Briefing, Vorstellung des Organisations-Team (Ärzte, Mechaniker, Tour-Koordination, etc), der Tour, Austeilen der « Road-books », Vorstellung der einzelnen Gruppen-Tour-Guides. Noch einige Stunden Schlaf, bevor die Tour für die 83 Motorräder, knapp 100 Leute, die grosse Fahrt nach Tschernobyl startete. Begleitet wurden Sie von 1 Krankenwagen, 1 Mechanikerwagen und ein Fahrzeug mit den Tour-Koordinatoren.
 
Wien – Slowakei – Uzgorod (Ukraine)
 
Am Samstag dem 3. Juni um 8.15 Uhr, fand der offizielle, gemeinsame Start der 4. Eurotour der Eurobiker auf dem Heldenplatz, vor der Hofburg in Wien statt. Die Schirmherren der Tour waren, der Bundeskanzler Östereichs und aktueller EU Ratspräsident, Dr. Wolfgang Schüssel, der Luxemburgische Aussenminister, Jean Asselborn, sowie der Parlamentarische Staatssekretair im Bundesumweltministerium, Michael Muller.
 
ViennaDie morgendliche Andacht wurde von unserem rumänischen Pastor, Dietrich Galter gehalten, der uns die gesamte Tour auf dem Motorrad begleitete. Er hatte allerdings auch keinen Einfluss auf das Wetter, denn es regnete in Strömen als sich der Tross in Richtung der österreichischen-slowakischen Grenze in Bewegung setzte.
 
Am Grenzübergang Bratislava/Jarovce wurden die Eurobiker vom slowakischen Motorradverband und dem slowakischen Fernsehen, trotz strömenden Regens, warmherzig empfangen. Genauso einladend war der Empfang mit Mittagessen und Musik in den Bergen der niederen Tatra, das der slowakische Motorradverband für uns vorbereitet hatte.
 
BorderUADie Durchfahrt der gesamten Slowakei, von West nach Ost, eine Strecke von etwas mehr als 500 KM, mit wunderschönen Landschaften sowie sehr gut zu fahrenden Strassen, war ein wundervolles Motorraderlebnis. Die knapp 100 Motorradfahrer entgingen teilweise dem Regen, fuhren trotzdem vorsichtig und hochkonzentriert über die zum Teil nassen Strassen.Müde und zufrieden kam die Gruppe gegen 19 Uhr am Grenzübergang in Vysne Nemecke / Uzgorod an, wo sie auf eine große Probe gestellt wurden. Es bedarf einiges an Geduld, um aus der EU Zone in die Ukraine mit fast 100 Leuten einzureisen.
 
Nach fast 3 Stunden an der Grenze, es war mittlerweile Nacht und es regnete wieder seit 2 Stunden, wurden die Eurobiker von den Einwohnern sowie den Behörden der Stadt Uzgorod herzlichste empfangen. Zum ersten Mal, wurden die europäischen Gäste, gemäß der Tradition, mit Brot und Salz empfangen, ein Vorgang der sich noch öfters in der Ukraine und in Weißrussland wiederholen sollte. An diesem Abend entdeckten die Teilnehmer, guten Gemütes, ein Hotel mit den Tücken und den Standards des alten russischen Regimes, wo unter anderem nicht auf jeder Etage warmes Wasser floss.
 
Uzgorod – Kiev
 
Zwei volle Tage vergingen, bis die Hundertschaft die Hauptstadt der Ukraine erreichte. Aber die zwei Tage, die Durchfahrt der Karpaten, mit Ziel L’Viv, das alte Lemberg, waren wie geschaffen für Motorradfahrer. Es war Sonntag: die ganze Stadt schien hier auf dem Platz vor dem Gebäude der wundervollen Oper, versammelt zu sein. Die Einheimischen ziehen es vor, sich einem kostenlosen Zeitvertreib wie z.B. Gesellschaftsspielen zu widmen anstatt auf einer Terrasse bei einem Eis oder Drink zu sitzen. Außerhalb von Kiev, bleibt die Ukraine doch noch ein armes Land.
 
KorostysevIn Chmelnickij verbrachte die Motorradtruppe die nächste Nacht. Doch der darauf folgende Tag fing wieder mit sintflutartigen Regenfällen an, die auch noch am Zwischenziel der Tagesettappe nicht enden wollten, es war der ergreifendste Teil der Fahrt : Der Besuch der Don Bosco Mission in der Kleinstadt Korostysev. Unter Regenschirmen, aber mit frohem Lächeln, war die gesamte Bevölkerung der Kleinstadt, allen voran der Bürgermeister sowie der Prefekt der Region auf dem Dorfplatz zum Empfang versammelt. Das Wetter zwang die Teilnehmer und die Dorfbewohner sich für die sehr emotionale Empfangszeremonie in die Kirche zurück zu ziehen. Mit sehr viel Aufwand hatten die Kinder und Jugendlichen Gesang – und Theatereinlagen einstudiert und die Frauen der Gemeinde hatten ein umfangreiches Buffet für uns vorbereitet.
 
Dann wurde die Fahrt nach Kiev fortgesetzt: die Gruppe wurde vor der Hauptstadt von mehreren Polizeiautos erwartet und in die Stadt hinein eskortiert, wo die Kreshatik, die Prachtstrasse Kiews, Ort der Orangenen Revolution, zugunsten der Eurobiker gesperrt war. Dort wurden die Motorräder vor dem Stadthaus, unter den wachsamen Augen der Polizei abgestellt. DieEurobiker schritten dann über den roten Teppich die Stufen hinauf in die große Empfangshalle. Nach der Begrüßung durch den Vize-Bürgermeisters der Stadt, Herr Vitaliy Zhuravsky und der Dankesrede des Eurobiker Präsidenten Michel Turk, wurden die Eurobiker zu einem wundervoll aufgestellten Buffet gebeten. Nach dem Empfang ging es mit Polizeieskorte schnell ins Hotel, duschen, umziehen und ab in den Bus, um die Schönheit Kiews, vor allem seine Klöster mit den goldenen Dächern, bei einer Stadtrundfahrt zu entdecken. Im Gegensatz zum Rest des Landes, hat Kiew westliche Standards.
 
Chernobyl
 
PrypiatDienstag, 6 Juni, Höhepunkt der Reise: der Besuch auf dem Gelände von Chernobyl. Der Tag begann mit Regen (wie nicht anders zu erwarten). Als wir erst um 8.30 Uhr am Stadtrand Kiews waren, wurde uns bewusst, dass wir es nicht bis 10 Uhr nach Slawutych schaffen würden. Dort wartete unser Freund und motorradfahrender Beamte der Deutschen Botschaft in Minsk, Wolfgang Faust, der uns durch seinen Einsatz, seine Erfahrung und Kontakte im Tschernobyl Center (er war schon mit dem Motorrad auf dem Reaktorgelände), einige Türen geöffnet hatte und dadurch die gesamte Organisation viel leichter lief. Zu zweit setzten wir uns ab und fuhren der Gruppe voraus zum Treffen mit Wolfgang. Der wartete wie auf heissen Kohlen (im strömenden Regen) am Straßenrand, 10 Km vor Slawutych auf uns. Als wir zu ihm stießen, war es kurz nach 10 und er sagte: Wir müssen sofort dahin, denn die Werks-Elektritschka wird nicht auf uns warten. So fuhren wir zu dritt zum Bahnhof von Slavutych, wo wir die Hoffnung auf die Sperrzonenfahrt quasi schon aufgegeben hatten.
 
Doch dann geschah eines der Wunder, die man als westlich planender und denkender Mensch nicht nachvollziehen kann: Larissa, die Dame aus dem Tschernobyl Center, sagte uns, sie hätte den Eisenbahnern « Schöne Augen » gemacht und diese würden vorerst warten, bis noch mehr Leute anrollten, weil sie ja nicht wegen ein paar Figuren losführen.
 
So kam es, dass sich erst gegen halb zwölf der Zug rumpelnd in Bewegung setzte, an Bord eine Mannschaft von ungefähr 70 erwartungsvoll dreinschauenden Windgesichtern, die ihre Motorräder unter Polizeibewachung am Bahnhof von Slawutych zurückgelassen hatten. Der von Wolfgang, während der Fahrt unternommener Versuch einer erklärenden Einstimmung darauf, was alle gleich sehen würden, endete in Heiserkeit: der Zug führt halt ein geräuschvolles Eigenleben…
 
ChernobylDie Sperrzonenrundfahrt ans Kraftwerk, die Erklärungen zur Katastrophe im Tschernobyl-Center, nur 150 Meter vom Unglücksreaktor entfernt und die Fahrt in die Geisterstadt Pripyat war für alle wohl sehr eindrucksvoll. Die Gespräche beim Mittagessen in einer Werkskantine in Tschernobyl und auf der Rückfahrt legten beredtes Zeugnis ab, dass dies ein einmaliges Erlebnis für alle war, wenn auch nicht als schön zu bezeichnen. Der unmittelbar persönliche Eindruck von der Situation vor Ort ist durch nichts zu ersetzen, dies hat sich gerade hier einmal mehr bestätigt. Zu erwähnen bleibt, dass der Reaktor Nummer 4, der am 26 April 1986 explodiert ist, mehr als 30 000 Jahre weiter strahlen wird. 2006 war erst der 20. Jahrestag der Katastrophe, aber es werden noch viele Generationen sich mit diesem Unglück beschäftigen müssen!
 
Bei der Rückkunft in Slawutych mussten wir uns durch eine Menschenmenge zu unseren Maschinen durchkämpfen und dabei Fragen nach Höchstgeschwindigkeit, Preis, PS etc. beantworten, was natürlich alle gern taten: Stichwort Völkerverständigung… Anschließend statteten wir noch dem „Europawald“ im Stadtzentrum einen Kurzbesuch ab. Es handelt sich um eine von den Eurobikern organisierte und durchgeführte Anpflanzung von 25 Bäumen, symbolisch für alle EU-Staaten, die den Gedanken der europäischen Einigung und länderübergreifenden Verständigung und Versöhnung versinnbildlichen soll.
 
Weissrusland
 
Die Fahrt an die Grenze zu Weissrussland verlief mit würzigen Regenschauern und der bangen Frage, wie wohl die Grenzpassage verlaufen würde. Wolfgang, unser Mann von der Deutschen Botschaft in Minsk, hatte vorsichtshalber alle Daten der Tourteilnehmer auf einem Speicherstick dabei. Dieser fand dann auch tatsächlich Verwendung. Zwar hatten die Grenztruppen, dank eines vorab in Minsk geführten Gesprächs, Kenntnis von allem, man hatte aber die Daten nicht an den Zoll weitergegeben. Dies konnte Wolfgang dann tun. Und so verlief die „Schleusung“ der etwas ermüdeten Fahrer und ihrer Maschinen auch vollkommen problemlos. Dank der sehr netten und kooperativen Atmosphäre an der Grenze wurde auch der natürlich in jedem Fall nötige Papierkram erträglich.
 
Anschließend ging es mit Polizeieskorte und Lichtorgel ins nahe gelegene Gomel, wo man die Ankunft der jeweils in Kleingruppen von 10-20 Maschinen fahrenden Eurobiker seitens der Polizei wie den Einzug eines Staatsgastes zelebrierte: es wurden alle Tonlagen der Sirene durchprobiert, alle entgegenkommenden Fahrzeuge wurden genötigt, anzuhalten; sofern dies nicht umgehend geschah, kam ein entsprechender Rüffel per Lautsprecher aus dem Führungsfahrzeug, kurzum: Plan übererfüllt…
 
VetkaHöhepunkt des Besuches in Weissrussland : Die Besichtigung des kleinen Ortes Vetka mit seinem Regionalkrankenhaus. Eines von den Eurobikern ausgesuchten  Krankenhäusern wo gespendet wurde. Material, wie z.B. eine komplett neue Einheit für eine Zahnarztpraxis, inklusive Röntgenapparat, wurden dort in Rahmen der Eurotour 2006 gespendet. Die Region um Gomel/Vetka, im Südosten von Weissrussland, ist eine der höchstverstrahlten Gebiete in Europa.Von Vetka ging es dann Richtung Minsk. Überall wo wir einen Tankstop oder eine Pause einlegten, kamen die Leute auf uns zu, luden einige von uns sogar zu Tee und Kuchen zu sich nach Hause ein. Wir empfanden das weissrussische Volk als sehr nett, warmherzig und kommunikativ.
 
Die Rückfahrt
 
Die Höhepunkte der Reise lagen hinter den Eurobikern. Blieb aber der lange Weg nach Westen, der den Teilnehmern allerdings die Möglichkeit gab, in den beiden Polnischen Städten, Warschau und Breslau, die Altstadt zu besuchen und zu genießen. So war dann auch im Herzen der Altstadt von Breslau, im Restaurant eines wundervollen alten Kellergewölbes, das traditionelle Abschlussessen, mit Überreichung der Pokale, anstelle von Teilnehmerurkunden. Den meisten Luxemburgischen Teilnehmern blieben noch 2 Tage um das Großherzogtum zu erreichen, um am Ende mehr als 5500 KM zurückgelegt zu haben. Bleibt zu erwähnen, dass trotz Regen und zum Teil sehr schwierigen Straßenverhältnissen, die Eurobiker mehr als 500 000 KM gefahren sind, ohne nennenswerten Unfall oder schwereren Verletzungen.
 

Unter der Schirmherrschaft von :

Jean Asselborn, Luxembourg    Dr. Wolfang Schüssel, Österreich    Michael Müller MdB, Deutschland